Orchideen in Baden-Württemberg
Coeloglossum viride (L.) Hartm.
Grüne Hohlzunge
Synonyme: Dactylorhiza viridis, Habenaria viridis, Orchis viridis, Peristylus viridis
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Merkmale
Knollengeophyt mit zur Blütezeit zwei unterirdischen, länglichen, 2-oder 3-fach tief gespaltenen Knollen. Die Mutterknolle stirbt nach der Blütezeit ab; aus der Tochterknolle entwickelt sich nach der Blütezeit ein Spross, der im Frühjahr den neuen oberirdischen Trieb bildet; die Mutterknolle stirbt nach der Blüte ab. Aus ihm entwickeln sich ein oder zwei oberirdische Laubblätter und bei kräftigeren Pflanzen der Blütentrieb sowie an ihrem Boden ein Spross, aus dem die neue Tochterknolle entsteht. Der Blütenstängel wird 5 – 30 cm hoch, ist kantig und hellgrün; am Grunde mit 2-scheidigen Schuppenblättern. Am Stängel entwickeln sich 3 – 7 bläulichgrüne, ungefleckte Laubblätter. Die beiden unteren Stängelblätter sind länglich eiförmig mit einer Länge von 4 – 10 cm und einer Breite von 1,7- 7 cm, die oberen Stängelblätter länglich zugespitzt; sie erreichen den Blütenstand nicht.
Der walzliche Blütenstand wird 2 – 10 cm lang und trägt 5 – 20 kleine, grünlich-gelbe, oder auch rötlichüberlaufene Blüten, die schwach duften. Die grünen Tragblätter sind lanzettlich und 10 – 17 mm lang und nur 2 – 3 mm breit. Die unteren Tragblätter sind zwei bis dreimal so lang wie der Fruchtknoten; nach oben werden sie kleiner. Der gelbgrüne Fruchtknoten ist gedreht und 5 - 7 mm lang. Sepalen und Petalen bilden einen mehr oder weniger geschlossenen Helm, der die Säule bedeckt. Die Lippe ist zungenförmig und läuft am Ende in zwei größere zugespitzte Seitenlappen aus, während der Mittellappen verkürzt ist. Die Lippe hängt abwärts und wird 5 – 10 mm lang und 2,5 – 4 mm breit. Der sackartig verdichte Sporn wird 1,5 bis 2mm lang und enthält Nektar.
Vegetations- und Blühzeiten
Die Blütezeit von Coeloglossum viride liegt in Mittelgebirgslagen zwischen Mitte Mai und Mitte Juni. Fruchtreife tritt ab Mitte August ein.
Unterschiede
Die Art ist bei uns nicht verwechselbar. Die zwei weiteren Arten dieser Gattung kommen in Europa nicht vor. Chamorchis alpina ist kleinwüchsiger, besitzt grasartige, rosettig angeordnete Blätter und weist keine Stängelblätter auf.
Variabilität
Vor allem die Wuchshöhe ist variabel. Im Gebirge kann die Wuchshöhe deutlich niedriger sein als in tieferen Lagen. Die Blütenfarbe schwankt von grüngelb, gelb, rot bis braunrot.
Hybriden
Hybriden können bei gemeinsamen Vorkommen mit Dactylorhiza-Arten auftreten. Diese Hybriden sind zwar sehr selten, was aber dennoch auf die nahe Verwandtschaft mit dieser Gattung hinweist. Genetische Untersuchungen bestätigen dies; einzelne Autoren beziehen darum Coeloglossum in die Gattung Dactylorhiza ein (Bateman 2009).
Wuchsorte
Coeloglossum viride besiedelt stickstoffarme Magerrasen, Halbtrockenrasen auf basischen und mäßig sauren Böden. Die Standorte können modrig humos, frisch oder auch mäßig trocken sein.
Verbreitung
Coeloglossum viride kommt circumpolar vor und in Europa von der borealen Zone bis in die Mittelgebirgslagen und die Hochalpen.
Gefährdung
Als besonders konkurrenzschwache Art ist sie in Deutschland stark gefährdet. Durch intensive Land- und Forstwirtschaft ist sie aus den meisten Landschaften fast völlig verschwunden und nur in den Alpen ungefährdet. Auch gegen Stickstoffeintrag aus der Luft ist sie wenig tolerabel. In Baden-Württemberg kommt sie auf nur extensiv genutzten Flächen im Hochschwarzwald sowie auf der Schwäbischen Alb vor, auch noch an einzelnen Stellen im Rheingraben.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Coeloglossum viride - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 267 – 271.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten. - Stuttgart.
Bateman, R. M. (2009): Evolutionary classification of European orchids: the crucial importance of maximising explicit evidence and minimising authoritarian speculation. J. Eur. Orch. 41 (2): 243 – 318 (255).
Text: Dietrich Bergfeld
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